Über mich

Über mich

Ich bin 1961 geboren, Diplom-Sozialpädagogin und freiberufliche Autorin, habe zwei Kinder und lebe mit meinem Mann in Braunschweig. Seit meiner Kindheit liebe ich Wörter und Sprache.

2011 ist mir bewusst geworden, dass ich als Tochter von Kriegskindern „Kriegsenkelin“ bin. Ich habe erkannt, dass meine Generation mehr verbindet als Winnetoufilme, Prilblumen und Schlaghosen. Seitdem befasse ich mich mit den Spuren, die der Zweite Weltkrieg auch in der Kriegsenkelgeneration hinterlassen hat. Ich bin Mitglied im Verein „Kriegsenkel e.V.“ und war mehrere Jahre in der Kriegsenkelgruppe Hannover aktiv. 2020 habe ich die Kriegsenkelgruppe Braunschweig mit aufgebaut und bin dort  Mitglied.


Wenn Sie Interesse an einer Lesung haben, erreichen Sie mich unter hp.kleefeld@gmx.de oder 0176/31708386.
Foto: Charlotte Reinhard, Schwarzwälder Bote

Immer noch auf der Flucht?

Lange fühlte ich mich mit meinen für mich unverständlichen Gedanken und Gefühlen wie ein „Alien“. Die Familie meines Vaters ist aus Ostpreußen geflüchtet, was aber nie Thema bei uns in der Familie war. Im Sommer 2007 sortierte ich Dinge für den Sperrmüll aus. Auch die Kinderkarre sollte auf den Müll, denn mein jüngstes Kind war mittlerweile acht Jahre alt. Plötzlich spürte ich Panikgefühle und mir schoss der Gedanke durch den Kopf: „Was ist, wenn wir mal fliehen müssen? Dann kann sich Lennart, auch wenn er eigentlich zu groß ist, in der Karre ausruhen, wenn er nicht mehr laufen kann.“ 

Als der Zweite Irak-Krieg begann, dachte ich: "Ich muss die Kinder in meinen Pass eintragen lassen. Wenn wir fliehen müssen, kann ich nicht beweisen, dass sie zu mir gehören!" Ich schämte mich, hielt mich für verrückt und behielt diese Gedanken für mich.  2011 las ich eine Seminarankündigung: "Immer noch auf der Flucht? Wie sich die Kriegs- und Fluchterlebnisse der Eltern auf ihre Kinder auswirken." Ich meldete mich an und zu meinem großen Glück traf ich endlich andere Menschen, die ähnlich wunderliche Gedanken hatten wie ich. 

Dieses Seminar war der Einstieg in meine Auseinandersetzung mit dem Kriegsenkelthema.

Auf zu neuen Ufern!

Wie viele Kriegsenkel bin ich eher ängstlich erzogen worden. Nach der Kindheitserfahrung, dass alles Schöne im nächsten Augenblick zerstört sein kann, haben viele Kriegskinder verständlicherweise ein hohes Bedürfnis nach Sicherheit und Beständigkeit. Unbewusst wurde mir von meinen Eltern vermittelt, lieber in der sicheren Deckung zu bleiben.  Mich lieber mit dem Spatz in der Hand zu begnügen, statt etwas zu wagen. Seit ich weiß, dass meine Ängste zum Teil "geerbt" sind, gehe ich anders damit um. 

Ich bemühe mich sehr, sie nicht an meine Kinder weiterzugeben und schlucke manche Warnung hinunter, wenn sie Pläne schmieden oder die Wohnung verlassen. Außerdem bin ich im wahrsten Sinne des Wortes zu neuen Ufern aufgebrochen. Mit 50 Jahren habe ich das Kajakwandern für mich entdeckt und angefangen, Schreibkurse zu besuchen. Ein Semester war ich Gasthörerin in einem Seminar zum Kreativen Schreiben an der Universität Hildesheim. Seit dem Sommer 2018 stehe ich begeistert auf dem Stand-up-Paddelboard.

Mit der Veröffentlichung des Buches "Kriegsenkelgefühle" habe ich mir einen Traum erfüllt. Auf dem Weg dorthin bin ich einem bunten Trüppchen von Ängsten begegnet, dass mich manches Mal in die Flucht zu schlagen drohte. Ich hatte Angst, zu versagen, der Familie gegenüber illoyal zu sein, keinen Verlag zu finden, in der Öffentlichkeit nicht bestehen zu können ... Bei der Bewältigung der Ängste half mir eine Tugend der Kriegskinder, die im wahrsten Sinne des Wortes "Erb-gut" ist: das Durchhaltevermögen.

Natürlich bin ich nicht plötzlich zu einer Abenteurerin geworden, das ist nicht mein Naturell. Aber mein Leben ist leichter und fröhlicher geworden, seit ich meine Familiengeschichte und ihre Folgen kenne. Ich blicke neugierig und gespannt auf das, was kommt.
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